Finanzen,  Nachrichten

Russland spricht fünf Jahre Gefängnisstrafe für Wahlbeobachter aus

Nach der Aufdeckung massenhafter Wahlverstöße in Russland hat ein Gericht den international anerkannten Wahlbeobachter Grigori Melkonjanz zu einer Haftstrafe von fünf Jahren im Straflager verurteilt. Die Richterin Jewgenija Nikolajewa befand den Bürgerrechtler schuldig, eine unerwünschte Organisation aufgebaut zu haben, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich eine Strafe von sechs Jahren gefordert.

Grigori Melkonjanz ist Kovorsitzender der unabhängigen Wahlbeobachterorganisation Golos, die in der Vergangenheit immer wieder Manipulationen bei Wahlen in Russland aufgedeckt hat. Bei der Urteilsverlesung zeigte sich Melkonjanz kämpferisch und sagte zu seinen Unterstützern: „Ich verzage nicht, verzagt ihr auch nicht“, wie das unabhängige Portal Mediazona berichtete. Menschenrechtler und Beobachter kritisieren das Vorgehen gegen Melkonjanz und Golos als politisch motivierte Justizwillkür und sehen darin einen weiteren Versuch, die Meinungsfreiheit und die Zivilgesellschaft in Russland zu unterdrücken.

Hintergrund zur Organisation Golos

Die im Jahr 2000 gegründete NGO Golos hat sich als das renommierteste Institut für die Beobachtung von Wahlen in Russland etabliert. Die Organisation hat sich einen Namen gemacht, indem sie regelmäßig Wählerbetrug und andere Verstöße bei Abstimmungen dokumentiert und öffentlich gemacht hat. Aufgrund ihrer Aktivitäten geriet Golos rasch in Konflikt mit den russischen Behörden. Das Justizministerium stufte die Organisation als ausländischen Agenten ein, was zusätzliche Einschränkungen und Schwierigkeiten für ihre Arbeit mit sich brachte. Es ist bemerkenswert, dass Golos nicht auf der Liste der unerwünschten Organisationen in Russland steht, was die rechtlichen Rahmenbedingungen für ihre Tätigkeit zusätzlich kompliziert.

Im Zentrum der Vorwürfe gegen Melkonjanz steht seine Mitarbeit beim europäischen Wahlbeobachternetzwerk European Network of Election Monitoring Organizations (ENEMO), das in Russland auf der Verbotsliste steht. Diese Verbindung wird von den russischen Behörden als eine rechtliche Grundlage für die Verurteilung Melkonjanz‘ genutzt. Seit Mitte 2023 befindet sich der Bürgerrechtler in Untersuchungshaft. Da die Zeit, die er in U-Haft verbracht hat, im Verhältnis eins zu eineinhalb auf die Verurteilung angerechnet wird, muss Melkonjanz noch 2,5 Jahre im Straflager verbringen. Diese Entwicklungen werfen ein Licht auf die anhaltenden Herausforderungen für Menschenrechtsaktivisten und unabhängige Organisationen in Russland, die sich für demokratische Standards und die Rechte der Bürger einsetzen.

Quelle: https://orf.at/stories/3393554/

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert